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Verallgemeinerungen

18.03.2024. Im Nachgang zu meinen Beiträgen im Januar und Februar dieses Jahres zu Unwörtern und zum Sprachwandel wurde mir die Frage gestellt, wie ich es mit Verallgemeinerungen halte.

Bevor ich über meine Haltung bzw. meinen Auftrag als Lektor spreche, möchte ich die Frage gern zurückgeben oder besser sie eingrenzen: Welche Verallgemeinerungen kennen Sie? Wann kann man von einer Verallgemeinerung sprechen?

Sicher ahnen Sie schon, dass die Tendenz von Lektor:innen dahingeht, eine Aussage klar und deutlich werden zu lassen, wohingegen Verallgemeinerungen meist die Unschärfe einer Mitteilung vergrößern.

Gern sammle ich Ihre Erfahrungen und Meinungen dazu.

Lektorat Oliver Krull

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Sprachwandel

16.02.2024. Der Beitrag aus dem Vormonat zu Unwörtern eines Jahres hat auch viel mit Sprachwandel zu tun.

Mit meinem Ansatz, Sprache als lebendiges Medium zwischen Autor:innen und jeweiliger Zielgruppe zu sehen, spielt die Auslotung sprachlicher Tendenzen neben der Berücksichtigung eines vorgefassten Wordings und/oder vorhandener Terminologien eine entscheidende Rolle.

Lektorinnen und Lektoren bewegen sich zwischen den Extremen der sprachlichen Erstarrung (zum Beispiel sogenanntes Kanzleideutsch) und kreativer Uferlosigkeit, die in beiden Fällen den Radius ursprünglich infrage kommender Leser:innen erheblich verkleinern kann. Das ist zum Teil gewollt, vor allem wenn es Jargon ist, der innerhalb einer festgelegten Gruppe stattfindet. Andererseits kann Jargon, der außerhalb der Gruppe verwendet wird, als diskriminierend empfunden werden.

In loser Folge werde ich in kommenden Beiträgen Aspekte des Sprachwandels hervorheben.

Wenn Sie Fragen zur Wirkungsstärke eines Textes von Ihnen haben, erstelle ich Ihnen gern ein Gutachten – sprechen Sie mich einfach über meine Kontaktmöglichkeiten an.

Lektorat Oliver Krull

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Unwörter?

16.01.2024. Wieder hat mich die Frage eines Kunden veranlasst, einen Beitrag zu schreiben. Wie gehst Du mit Unwörtern um? Das Interesse kam just nach der Meldung der Unwort-Jury: Remigration. Bisher hatte ich keinen Text, der dies Wort beinhaltete.

Zu der Frage: Wie immer beim Lektorat werde ich sowohl Autor:in als auch Intention und Zielgruppe beachten. Denn den Unwörtern an sich haftet ja nicht per se ein Vergehen an. So kann das neueste Unwort auf das lateinische remigrare zurückgeführt werden: zurückgehen/-wandern. Niemand sagt jedoch: Wir sind schon den halben Tag lang gewandert, wir müssen jetzt remigrieren. Das Wort „Remigration“ wird allerdings in der Exil- und Migrationsforschung und aktuell in Kreisen verwendet, die ihre Absichten in der Flüchtlingspolitik verschleiern wollen. Aufgabe von Lektor:innen ist es, darauf zu achten, dass außerhalb dieser Kreise nicht unabsichtlich Unwörter gebraucht werden, die dazu geeignet sind, andere Menschen zu verletzen.

Es muss also genau hingeschaut werden. Wenn jemand schreibt, „Das Angebot war alternativlos, in dem Geschäft gab es nur blaue Socken“, werde ich das Wort nicht monieren. 2010 war „alternativlos“ Unwort des Jahres und wurde von der damaligen Bundesregierung zu schnell benutzt, um Diskussionen auszuschließen.

Lektorat Oliver Krull

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Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern erholsame Festtage und einen zuversichtlichen Start ins Jahr 2024!

17.12.2023. Ende 2022 habe ich von einem volatilen Jahr gesprochen. 2023 war nicht weniger bewegt und leider auch nicht friedlicher.

Trotz belastender Nachrichten, Unsicherheiten und Herausforderungen würde ich mich freuen, wenn Sie Ihre Zuversicht und Ihren Humor ins neue Jahr tragen.

Für alle sprachlichen Zweifel bleibe ich auch in 2024 Ihr verlässlicher Partner.

Zwischen den Jahren ist mein Büro am 28. und 29. Dezember 2023 für Sie geöffnet. Den nächsten Fachbeitrag lesen Sie an dieser Stelle wieder ab dem 16. Januar 2024.

Lektorat Oliver Krull

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Schwarz-Weiß

15.11.2023. Passend zu Halloween habe ich mir noch einmal den Klassiker „Night of the Living Dead“ aus dem Jahr 1968 angesehen.

Eine Journalistin forscht zu Stereotypen des Fotojournalismus und beauftragte mich mit dem Lektorat eines Essays. Der bespricht, inwieweit Spielfilmproduktionen von der amerikanischen Berichterstattung aus Kriegsgebieten beeinflusst werden. Im oben genannten Horrorfilm sind deutliche Parallelen zum Vietnamkrieg auszumachen. Als ich den Film in den Achtzigerjahren zum ersten Mal sah, war ich abgesehen von der gnadenlosen Brutalität des Plots fokussiert auf die subtile Darstellung noch schwelenden Rassismus (ein halbes Jahr vor Veröffentlichung des Films wurde Martin Luther King ermordet): Der Protagonist ist schwarz in einer ansonst weißen Produktion. Ungeheuerliches passiert auf allen Ebenen, und die Kamera ist mitten im Geschehen, gern auch aus der Luft, aus dem Hubschrauber wie bei den wochenschauartigen Dokumentationen im militärischen Einsatzgebiet.

Und diese Bildsprache im amerikanischen Spielfilm der Sechzigerjahre ist noch neu. Die ungefilterte Härte und happyendbefreite Darstellung hat mich an ein europäisches Frühwerk von Polanski erinnert: „Repulsion“ von 1965, ebenfalls in Schwarz-Weiß, mit einer fantastischen Catherine Deneuve, die den Horror der Schizophrenie interpretiert.

Ob schwarz-weiß oder bunt, nur Text oder mit Medien im Vorder- oder Hintergrund: Die Einschätzung und Optimierung Ihres sprachlichen Anliegens ist bei mir in besten Händen.

Lektorat Oliver Krull

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Kann man das lektorieren?

16.10.2023. Oder wie ich manchmal gefragt werde: Wo liegt das Kriterium, einen Text nicht verbessern zu können? – Grob gesagt: Wenn nicht genügend Substanz vorhanden ist, diese in Sprache zu überführen. Wenn Recherche und neues Texten nötig sind.

Einen sehr deutlichen Fall von Inhaltslosigkeit hatte ich vor Jahren. Ich musste die Redaktion mit der Tatsache konfrontieren, dass die Autorin neu aufsetzen und Material/Beispiele einbringen sollte, um ihrer Rezension eines Nachhaltigkeitsberichts Aussagekraft zu geben. Lesen Sie selbst:

[…] Dieser Nachhaltigkeitsbericht ist ein herausragend gearbeiteter integrierter Bericht. Der Bericht ist reich an inhaltlicher Substanz, er bietet wiederkehrend solide Information, die in guten Tabellen und Grafiken pointiert Darstellung findet. Die Jury zeigt sich beeindruckt von der umfangreichen und hervorragend integrierten Berichterstattung zu allen relevanten Aspekten der Nachhaltigkeit. Besonders hervorzuheben sind die guten Erläuterungen, die die Relevanz der ausgewählten Nachhaltigkeitsaspekte prägnant belegen.

Lassen Sie Ihre aussagefähigeren Texte gern auf weitere Optimierungsmöglichkeiten von mir prüfen.

Lektorat Oliver Krull

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Du oder Sie

15.09.2023. Für Publikationsvorhaben in den Bereichen Fundraising, Medizin, Produktwerbung, Tourismus und Verkehr bin ich im Sommer nach meiner Einschätzung zur Anrede mit Du versus Sie gefragt worden, vielfach vor dem Hintergrund der Verunsicherung: „Sind wir noch zeitgemäß?“, „Verlieren wir Kund:innen, wenn wir auf Du umsteigen?“

Die Tendenz zum Du geht an kaum jemandem vorbei. Am Telefon wird man überraschenderweise von einem Call- oder Servicecenter geduzt, ebenso in einem kreativen Restaurant oder in einem hippen Laden. Diese Tendenz ist vor allem dort zu beobachten, wo eine Art Community im Hintergrund ist oder angenommen wird, wie unter Kreativen oder Künstler:innen, die in der Regel auch auf Englisch kommunizieren, ebenso in politisch aktiven Gruppierungen, bei Leuten mit gleichen Interessen, unter Sportler:innen und Kolleg:innen etc.

Besonders die Werbung greift den Community-Gedanken gern auf, um über das Du zu suggerieren, Teil einer favorisierten Community zu werden, wenn man dieses Produkt oder jene Dienstleistung erwirbt. Jedoch sind auch jüngere Menschen nicht a priori davon begeistert, „mit ins Boot genommen zu werden“.

Anders als im Englischen, das verschiedene Respektebenen nicht über die Personalpronomina schafft, wird mit dem deutschen Du eine Nähe gebildet, die zwar unter Freund:innen und Bekannten üblich ist, aber nicht per se auch für diejenigen, die sich zum ersten Mal begegnen.

Ich rate daher im Zweifel immer dazu, die Zielgruppe zu fragen, wie sie angesprochen werden möchte oder – wenn das möglich ist – anhand der Textthematik einzuschätzen, ob die Anrede mit Du hinreichend angemessen ist oder als Anbiederung verstanden werden könnte.

Lektorat Oliver Krull

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Sommer 2023

15.07.2023. In Berlin, Brandenburg und Hamburg sind seit vorgestern Schulferien, übermorgen folgen Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein, dann noch bis Ende Juli Rheinland-Pfalz, das Saarland, Baden-Württemberg und Bayern.

Ich wünsche allen erholsame Ferientage, anregende Entdeckungen und reizvolle Begegnungen!

Mein Büro bleibt in der Zeit vom 10. bis. 19. August für eine Verschnaufpause geschlossen. Den nächsten Fachbeitrag können Sie an dieser Stelle wieder am 15. September lesen.

Lektorat Oliver Krull

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Fugen-s (Teil II)

16. Juni 2023. Es gibt einige Indikatoren, bei denen man von der Verwendung des Fugen-s ausgehen kann. Zum einen sind es bestimmte Wörter, die sich am besten mit einem Fugen-s erweitern lassen, zum Beispiel Bahnhof (Bahnhofsbuchhandlung, Bahnhofsmission etc.), dagegen: Bahnsteig (Bahnsteigkante). Zum anderen verlangen in der Regel Nachsilben bei Wortneubildungen das Fugen-s, das sind ‑heit, ‑keit, ‑schaft, ‑tum, ‑ling, ‑ion u. a.: Einheitsbestreben, Nachhaltigkeitsfaktor, Wirtschaftsunternehmen, Eigentumsverhältnisse, Erstlingswerk, Kooperationspartner. Oder Infinitive werden als Erstglieder genutzt: lesenswert, Waschenszeit, Lebenserfahrung usw.

Lektorat Oliver Krull

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Fugen-s (Teil I)

15. Mai 2023. Schwierigkeiten beim Erlernen der deutschen Sprache bereitet unter anderem die Deklination, die Veränderung von Substantiven infolge verschiedener Fälle, zum Beispiel der Schaden im Nominativ, des Schadens im Genitiv, die Schäden im Nominativ Plural. Verwirrend ist obendrein, dass sich in Texten sowohl Schadenersatz als auch Schadensersatz findet. Ist eines falsch? – Nein, beide Formen haben ihre Berechtigungen. Dies erklärt sich so: Für die Bildung von Komposita bestehen eine Reihe von Bildungsregeln; abgesehen von diesen Regeln haben sich zudem Konventionen ausgebildet. In unserem Beispiel heißt es nach der Bildungsregel, dass substantivierte Infinitive (hier: das Schaden) als Erstglied ein Fugen-s erhalten, also Schadensersatz, wie auch Schlafenszeit. In deutschen Gesetzen steht sowohl Schadenersatz als auch Schadensersatz; in anderen Fällen haben Behörden das Fugen-s getilgt wie in Komposita mit -steuer: Einkommensteuer, Vermögensteuer etc. Auch hier sind die Formen mit Fugen-s möglich und üblich; mit oder ohne Fugen-s sollte innerhalb eines Textes / einer Publikation jedoch einheitlich verwendet werden.

Lektorat Oliver Krull