01.11.2019. Das sich steigernde Bewusstsein für gendergerechte Bezeichnungen hat nicht nur Einfluss auf aktuelle journalistische Texte. Auch Behörden, Institutionen, Organisationen, Verbände und Vereine überarbeiten ihre Publikationen oder lassen ihre Satzungen, Leitfäden und Internetpräsentationen anpassen.
Erfreulich ist, dass in den meisten Fällen überlegt wird, welche Möglichkeit des Genderns für die jeweilige Textsorte am angemessensten ist. In meinem Blogbeitrag für Oktober habe ich bereits einige Möglichkeiten genannt wie Gendersternchen, Doppelnennungen, Wechsel zwischen weiblichen und männlichen Bezeichnungen, Unterstrich und Binnen-I. Ein umfangreicher Text mit mehreren personenbezogenen (Berufs-)Bezeichnungen, die zudem sowohl im Singular als auch im Plural genannt und verschieden flektiert werden, wird in der Regel hinsichtlich Lesbarkeit mit nur einem Mittel der Sichtbarmachung der Geschlechter überfordert sein.
Ich werde auf jedes Mittel näher eingehen und heute mit der Möglichkeit beginnen, die bisher nicht genannt wurde: die Fußnote.
Die Fußnote ist die wohl einfachste Variante, wird jedoch in den meisten Fällen als die unbefriedigendste empfunden. In der Regel wird beim ersten geschlechtsspezifischen Begriff, zum Beispiel beim Wort „Mitarbeiter“ eine Fußnote gesetzt; am Fuß der Seite steht dann etwa folgender Satz: „Im Interesse einer besseren Lesbarkeit wird nicht ausdrücklich in geschlechtsspezifischen Personenbezeichnungen differenziert. Die gewählte männliche Form schließt eine adäquate weibliche Form gleichberechtigt ein.“ Zwar werden Schriftbild und Lesbarkeit des Gesamttextes nicht beeinträchtigt, faktisch bleibt es aber beim Maskulinum; und es erfordert immer ein Erinnern und zusätzliches Mitarbeiten der Leserin und des Lesers, auch weibliche Personen zu berücksichtigen. Der Aspekt „divers“ wird hierbei ganz außen vor gelassen. In meinem Blogbeitrag für Februar 2020 werde ich auf Doppelnennungen näher eingehen.
Veranstaltungshinweise:
Workshop Textarbeit – am 16. November 2019 in der Lettrétage, Mehringdamm 61, 10961 Berlin
Zusammen mit meiner Kollegin Silke Leibner veranstalte ich die Reihe „Textwerkstatt“. Sie richtet sich an Mitglieder des Verbandes der Freien Lektorinnen und Lektoren, des Verbandes der deutschsprachigen Übersetzer, des Verbandes der Selfpublisher, der Illustratoren Organisation, des Texterverbandes und der Jungen Verlagsmenschen.
Wie lektorieren andere Profis einen Text? Was sehen sie, wo greifen sie ein, welche Schwerpunkte setzen sie? Wie gehen sie an einen Auftrag heran? In der Textwerkstatt geht es genau um solche Fragen. In der Textwerkstatt werden Texte aus den verschiedensten Arbeitsbereichen lektoriert, ob Belletristik, Sach-, Fach- oder Werbetext und diesmal mit einem neuen Angebot: Übersetzungslektorat. Dies passt auch sehr gut zum Themenabend des VFLL am 20.11.2019: Übersetzungslektorat nicht nur für Übersetzerinnen, Referentin: Gesine Schröder.
Lektorat Oliver Krull