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Übersetzungslektorat

Oktober 2017. Im April 2015 habe ich schon einmal über die Schwierigkeiten berichtet, sobald maschinell übersetzte Texte ins Korrektorat oder ins Lektorat geschickt werden. Ich selbst habe es erlebt, und Kolleg(inn)en berichten mir davon, dass sie Texte aus fremdsprachigen Ländern erhalten, die im deutschsprachigen Raum relevant werden (z. B. Bedienungsanleitungen), aber nicht über den Schreibtisch einer Übersetzerin, eines Übersetzers gegangen sind, sondern von einer Software übersetzt wurden. Bis vor wenigen Jahren waren diese Übersetzungen oft bis zur völligen Unverständlichkeit verdorben und auch nicht durch ein Lektorat zu retten – auch wenn eine Lektorin, ein Lektor die Ausgangssprache beherrscht: Er ist kein Übersetzer und wird nur für eine Dienstleistung bezahlt. Inzwischen sind manche an neuronale Netzwerke angebundene Übersetzungsprogramme derart souverän geworden, dass es weniger leicht ist, ihren Output zu identifizieren. Auffällig sind nach wie vor idiomatische Wendungen oder spezielle Begriffe, für die das Programm noch nicht auf kontextbezogene Quellen zurückgreifen kann. Neulich fiel mir in einem Handbuch für Grafiker folgender Satz auf: „Wenn Sie für ein Dokument eine Spiralheftung beabsichtigen, müssen Sie je nach Seitenverhältnis die Rinnenspanne einkalkulieren.“ Ein menschlicher Übersetzer wäre nicht auf die Idee gekommen, „Rinnenspanne“ zu übersetzen, da dies Wort im Deutschen keine Verwendung hat. Die Maschine hatte „gutter margin“ zusammenhangsfrei und mechanisch übersetzt; tatsächlich gemeint ist „Bundsteg“, der Rand zwischen Satzspiegel und Papierkante.

Lektorat Oliver Krull

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