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Anschlüsse mit „als“, zweite Fortsetzung

16.08.2025. Fürs Sommerloch eine Spitzfindigkeit in Ergänzung zu meinem Beitrag im Mai: Anschlüsse mit „als“, Fortsetzung. In der Duden-Grammatik, Ausgabe 1973, steht zum Thema „Freie und konstitutive Attribute“ folgender Beispielsatz: „Ich schätze den Einfluss dieses Mannes als politischer Berater Nixons.“ Analyse dieses Satzes und Namenswahl sind zeittypisch. Da hier das Objekt als Bezugssubstantiv auf den als-Anschluss einwirke, sei die Angleichung „wohl nie der Regel gemäß“. In der Ausgabe von 2006 und mit dem Namen des nunmehr populärsten Mannes Amerikas ist die Angleichung „noch üblich“, sobald der Anschluss mit Artikel steht, z. B.: Die Presse hinterfragt den Einfluss dieses Mannes als des ersten politischen Beraters Donald Trumps.

In diesem Zusammenhang ist mir das lateinische Sprichwort „Caesar non supra grammaticos“ eingefallen. König Sigismund wollte beim Konzil von Konstanz (1414–1418) die Grammatik ändern, nachdem er das lateinische Wort „schisma“ fälschlich im femininen Genus hatte verwenden wollen. Damit hatte er keinen Erfolg. Umso bedenklicher die gegenwärtige Einflussnahme von Potentaten, gendergerechte Sprache rückgängig machen zu wollen.

Lektorat Oliver Krull

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Sommer 2025

18.07.2025. Allseits erholsame Sommertage wünsche ich! Denjenigen, die arbeiten wollen oder müssen, soll ihre Arbeit gelingen. Meinen Kund:innen und allen, die es werden wollen, weil sie mit dem Blick von außen ihr Getextetes sichern und nicht alles der KI überlassen möchten, stehe ich gern bis Anfang September zur Verfügung. Ein paar Tage Urlaub plane ich für die 38. Kalenderwoche ein.

Lektorat Oliver Krull

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Lange Sätze

16.06.2025. Es gibt lange Sätze, die über eine Buchseite hinausreichen, in juristischen Schriftsätzen nicht weniger als in philosophischen Schriften. Schon in der Antike kannte man Satzperioden, das heißt dem Wortsinne nach einen Umlauf, der erst dann abgeschlossen war, sobald das letzte Wort gesetzt war. Dies verweist schon auf den Unterschied zu bloßen Aneinanderreihungen – grob gesagt im Stile von „und dann stellte sich heraus, dass … und dann konnte …“ –, die leicht in Einzelsätze aufgelöst werden können.

In Perioden wird ein Gedankengang verfolgt. Cicero kommt einem in den Sinn, später Kant, unter den Literaten Thomas Mann und viele andere. Doch auch Frauen weben wunderbare Wortteppiche, zum Beispiel Gisela Elsner in einem Brief von 1986: „Der mörderischen, nihilistischen Anarchie des Imperialismus, der immer deutlicher einen dritten Weltkrieg anpeilt, setzen die außerparlamentarisch revoluzzernden, auf die schiefe Bahn geratenen Kleinbürgersöhne, Bürgersöhne, Künstler und Intellektuellen sowie die heimatlosen Linken, die bislang in einer nur minimalen Weise Kontakt zur Gewerkschaftsbewegung und zur Arbeiterklasse erreichen konnten und deshalb, einschließlich der kleinbürgerlich-pazifistischen Friedensbewegung, zur Erfolgslosigkeit determiniert sind, die gedanklichen Schwachstellen des Anarchismus entgegen.“

Diesen Wortteppich werde ich im September-Beitrag in seine Einzelteile zerlegen, den Aufbau erklären und auf die Wortwahl eingehen.

Erfahrenen Lektoren und Lektorinnen ist das Zerlegen von Sätzen in Fleisch und Blut übergegangen, um rasch mögliche Schwachstellen erkennen und benennen zu können.

Lektorat Oliver Krull

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Anschlüsse mit „als“, Fortsetzung

16.05.2025. Die Kasusangleichung bei Anschlüssen mit „als“ oder „wie“ ist vor allem dann erforderlich, wenn ein flektiertes Wort, Artikel oder Adjektiv, vorausgeht. „Ihm als Assistent konnte diese schwierige Aufgabe nicht abverlangt werden.“ „Ihm“ weist eindeutig auf den Dativ hin; „als Assistent“ steht jedoch im Nominativ. Möglich ist diese Abweichung, weil dem Bezugswort „Assistent“ kein flektiertes Wort vorausgeht. Anders sähe es aus, wenn dem Bezugswort zum Beispiel das Adjektiv „neu“ vorangestellt wird: Ihm als neuem Assistenten konnte diese schwierige Aufgabe nicht abverlangt werden. Die Abweichung beim Bezugswort ohne flektiertes Wort ist möglich, aber nicht Pflicht, und in vielen Fällen ist die Kasusangleichung die elegantere Lösung: Ihm als Assistenten konnte … Weitere Besonderheiten zu diesem Thema bringe ich im August.

Lektorat Oliver Krull

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Schreiben, lesen, veröffentlichen

22.04.2025. In meinem Beitrag aus dem Vormonat ging es um einen falschen Fall nach einem Anschluss mit „als“. In der Alltagssprache, in Mitteilungen über soziale Netzwerke, in spontanen Veröffentlichungen fallen zunehmend inkorrekte oder unterschlagene Endungen auf, mit denen ein grammatikalischer Fall zum Beispiel nach einer Präposition markiert werden soll – wie nachfolgend:

Zwar wird Personalmangel nicht nur im Nah- und Fernverkehr beklagt sowie in den Redaktionen die knappe Zeit. Doch für das Grobe hilft vor dem Veröffentlichen oft ein nochmaliges Lesen – am besten mit lauter oder gedanklich lauter Stimme. So kann man auch mit geringerer Kapazität qualitativ hochwertig unterwegs sein.

Bei allen Fragen zum Kasusgebrauch und für seine stilsichere Einordnung in Ihre Mitteilung, Ihren Text sprechen Sie mich gern an.

Lektorat Oliver Krull

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Anschlüsse mit „als“

18.03.2025. In der Rezeption eines medizinischen Magazins stand folgender Satz: „Wie stärkt man den Ruf niedergelassener Ärzte und Psychotherapeuten als diejenige, die die medizinische Versorgung in ganz Deutschland sicherstellen?“ Das Unbehagen an diesem Satz wird durch „diejenige“ hervorgerufen, weil es sich zwar inhaltlich auf die niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten bezieht, aber Kasus und Numerus nicht deckungsgleich sind. Bei „niedergelassener Ärzte und Psychotherapeuten“ liegt ein Genitiv Plural vor (der Ruf wessen wird gestärkt?), „diejenige“ ist Nominativ oder Akkusativ Singular. Die Anschlusswörter „als“ und „wie“ erfordern in den meisten Fällen eine Kasus- und Numerusangleichung. Statt „diejenige“ muss es also „derjenigen“ heißen. Über weitere Beispiele und die Fälle, in denen die Kasusangleichung nicht notwendig ist, berichte ich in den Folgemonaten.

Lektorat Oliver Krull

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ZUSAMMEN. HOLEN WIR UNS DIE ZUKUNFT ZURÜCK

17.02.2025. Fühlen Sie sich von Wahlplakaten angesprochen oder gar beeinflusst? Plakate sind zumindest nicht zu übersehen oder lassen sich nicht wie Werbung auf dem Tablet einfach wegwischen.

Sie sprachlich einzuordnen ist ein Reiz für Lektor:innen. Das kreative Spielfeld der Werbung vorgezogener Neuwahlen scheint indes nicht sehr groß zu sein. Eher ist ein Bemühen der Parteien zu erkennen, irgendwie Präsenz zu zeigen. Da liest man rechter Hand „Fleiß muss man wieder im Geldbeutel spüren“, linker Hand „Ist Dein Einkauf zu teuer, macht ein Konzern Kasse“. Hier wird noch mit konkreten Begriffen (Geldbeutel, Einkauf, Konzern, Kasse) gearbeitet.

Schal und für den Orkus geschrieben sind dagegen Allgemeinplätze wie „Alles lässt sich ändern“ oder ungebunden stehende Abstrakta wie „Zuversicht“. Da braucht es die unbeabsichtigte Koalition aus einem solitär adverbialen Abstraktum und einem paradoxen Imperativ gleich einem Schlachtruf utopischer Belletristik, um Dynamik in den Wald der Verlautbarungen zu bringen:

Berlin-Schöneberg, Ecke Else-Lasker-Schüler- und Kurfürstenstraße, Eigenaufnahme

Vor und nach der Wahl: Mögen Vielfalt und Demokratie lebendig bleiben!

Lektorat Oliver Krull

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Lektorieren oder schreiben?

16.01.2025. Zum Jahresauftakt der Nachrichten aus dem Lektorat gebe ich die Rückfrage eines Praktikanten wieder, der mir zurzeit über die Schulter schaut: „Statt lange an dem Lektorat zu sitzen hättest du es auch neu schreiben können, oder?“ „Ja, vermutlich“, habe ich geantwortet. „In der Zeit hätte ich einen neuen Text aufsetzen können.“ Das war mit dem Kunden jedoch nicht vereinbart. Und solch eine Vereinbarung – korrigieren, lektorieren oder texten – ist Bedingung für die Arbeit.

Im vorliegenden Fall hatte der Kunde ausdrücklich ein Lektorat gewünscht. Erfahrene Lektor:innen können beim Querlesen eines Textes entscheiden, ob er ein Lektorat verträgt, ob er ausreichend Material liefert und ob sich ein Schreibstil zeigt – in welcher Qualität auch immer –, der die Intention der Autorin oder des Autors transportiert. Lässt sich das bejahen, geht es an die Arbeit: Die noch wackelige Konstruktion wird vorsichtig, Wort für Wort auseinandergenommen und auf sichere Füße gestellt. Aufzählungen werden eingefügt, sperrige Aneinanderreihungen aufgelöst, falsche Bezüge geheilt, Allgemeinplätze durch greifbare Beispiele und treffende Wendungen und Begriffe ersetzt. Mit angemessenen Satzzeichen wird die Syntax zusammengezurrt, mit Überschriften und Absätzen das Gebilde in Form gebracht. Aus einem Entwurf ist eine aussagekräftige Mitteilung geworden, welche die Stimme der Autorin oder des Autors trägt.

Wie bei diesem Kunden läuft es im Lektorat nicht immer: Oft ist die Arbeit mehr ein Polieren auf einen prägnanten Stil hin und die Richtigstellung inhaltlicher und sprachlicher Fehler. Selten ist ein Text derart rudimentär und/oder widersinnig, dass er nicht zielführend lektoriert werden kann.

Haben Sie keine Scheu, mir Ihren Text vorzustellen. Ein Erstgutachten kann weiterhelfen: Wie reif ist mein Text? Soll lektoriert, korrigiert oder neu getextet werden?

Lektorat Oliver Krull

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Erfolgreiches und glückliches neues Jahr 2025!

01.01.2025. Einen guten Start ins neue Jahr wünsche ich Ihnen, bleiben Sie gesund und bewahren Sie Ihren politischen Mut auch im Hinblick auf schwächelnde Demokratien. Für Ihre Projekte weiterhin erfolgreiche Ideen und kreative Überraschungen.

Ich freue mich, 2025 an Ihrer sprachlichen Seite zu stehen!

Lektorat Oliver Krull

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Do you need a human?

03.12.2024. Mein Novemberbeitrag Künstliche Intelligenz im Lektorat? hat auch Aufmerksamkeit in der American Copy Editors Society (ACES) gefunden, in der die Kollegin Jeanette Smith die Programme Grammarly und ProWritingAid unter die Lupe nimmt. Besonders den Autor:innen bieten sich hier umfängliche Tools an, den Schreibprozess zu begleiten. Diese reichen von simplen Stilvorgabemöglichkeiten über eine große Palette bekannter Schriftsteller:innen, an deren Stil der eigene Text angepasst werden kann, und Plagiatsprüfungen bis hin zu schier endlosen Analyse- und Statistikangeboten.

Abgesehen davon, dass beim Schreibenden die Tendenz besteht, diejenige Schreibrichtung und Analyse zu wählen, die dem eigenen Formulieren nahesteht und das Geschriebene am ehesten befürwortet – damit der Blick von außen fehlt, ist der Zeitaufwand im Umgang mit den Tools der vielschichtigen Programme nicht unerheblich. „Do you need a human?“ liest man daher oft in den Portfolios amerikanischer Lektor:innen. Mir ging diese Frage einmal bei der Anfrage für ein Übersetzungslektorat über die Lippen. „Yes, definitely, I want the carefree package“, war die Antwort.

Wollen Sie das Sorglospaket, soll Ihr Text Menschen erreichen? – Planen Sie am besten gleich einen humanen Lektor ein; sprechen Sie mit ihm über Ihr Projekt. Er entlockt Ihnen Ihre Absichten und Intentionen ohne dezidiert verfeinerten Prompt.

Lektorat Oliver Krull