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Mehrheiten

17.06.2024. Um tatsächliche oder vermeintliche Mehrheiten geht es in meinem April-Beitrag Jede oder jeden befragt? – sprachlich werden Verallgemeinerungen in den Blick genommen, markiert durch Floskeln und Indefinitpronomina.

Elias Canetti hat sich intensiv mit Mehrheiten als massenhafte Erscheinungen in all ihren Ausprägungen befasst. Gleich zu Anfang seines Hauptwerkes „Masse und Macht“ spricht er vom „Abfangen der Masse“ und metaphorisiert: „Lieber eine sichere Kirche voll von Gläubigen als die unsichere ganze Welt.“ Hier spricht er schon an, welche Mächte Massen in der Beeinflussung von Menschen ausüben können. Mit der unsicheren Welt fühle ich mich aber auch an das Sapere aude erinnert, den Mut zu versuchen, Unsicherheiten auszuhalten und nicht den Verführungen von Vereinfachungen zu erliegen.

Was hat das mit Lektorat zu tun? Seit ein paar Jahren kursiert der nicht immer scharf umrissene Begriff Sensivity reading im Medienbereich. Die Texte, die ich zu einem sensibilisierten Lesen erhalte, sollen vor allem dahingehend untersucht werden, ob Verallgemeinerungen, Stereotype, ob ein Bias, also Vorurteile erkennbar sind, ob offen oder versteckt diskriminiert wird.

Nun sind Lektor:innen im Allgemeinen besonders sensibilisierte Leser:innen. Und obwohl ich früh angefangen habe, Geschlechterrollen zu hinterfragen und auf die Einflussnahme der Werbesprache zu achten, hat mich eine Fortbildung im Sensivity reading veranlasst, meine Kenntnisse der rhetorischen Mittel aufzufrischen und zu ergänzen. Stilfiguren, ein lohnendes Feld auch für spätere Blogbeiträge.

Lektorat Oliver Krull